Vorsichtiger Optimismus kennzeichnet – trotz anhaltender Unsicherheiten – die aktuelle Stimmung im Handwerk in der Region. „Von der neuen Bundesregierung gehen vielversprechende Signale aus“, sagte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel bei der 150. Vollversammlung. Diese fand am Dienstagnachmittag (24. Juni) im BZ Bildungszentrum in Kassel-Waldau statt.
Ob Sondervermögen, Bau-Turbo oder Investitions-Booster: Entscheidend ist, dass es nicht bei vollmundigen Begrifflichkeiten und Versprechungen bleibt, sondern die angekündigten Verbesserungen auch zügig und konsequent umgesetzt werden“, forderte der Kammerpräsident. Denn die Herausforderungen seien größer der je: Preissteigerungen, eine angespannte Auftragslage sowie wachsende geopolitische Unsicherheiten und globale Handelsbarrieren belasteten die Wirtschaft und damit auch das Handwerk.
Die geplanten milliardenschweren Investitionen für die Infrastruktur könnten positive Impulse in einer anhaltenden Schwächephase der deutschen Wirtschaft liefern, sagte Dittmar. „Aber Geld allein baut keine Brücken. Wichtig ist jetzt ein kluger, zukunftsweisender Einsatz der Mittel und ein Ausschreibungssystem, bei dem nicht nur große Unternehmen eine Chance haben, sondern auch das mittelständisch geprägte Handwerk zum Zuge kommt“, so der Kammerpräsident. Nur dann könne auch die Region davon profitieren.
„Gleichzeitig ist klar: Ohne strukturelle Reformen bleiben selbst die größten Finanzspritzen wirkungslos“, stellte der Kammerpräsident klar. „Wir müssen die grundlegenden Probleme lösen, die unsere Wirtschaft seit Jahren hemmen. Dazu zählen ein Übermaß an Bürokratie, zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine schleppende Digitalisierung und hohe Sozialabgaben, die insbesondere das lohnintensive Handwerk belasten.“
Bei allen Diskussionen um den Ausbau der Infrastruktur dürfe zudem eines nicht vergessen werden, mahnte Dittmar: „Bildung ist unsere wichtigste Ressource. Auch hier sind dringend Investitionen nötig.“ Das gelte besonders für den ländlichen Raum, wo die demografische Entwicklung nicht zu einem weiteren Abbau der hochwertigen beruflichen Bildung führen dürfe.
Nach einem Rückgang der neu eingetragenen Ausbildungsverträge um 3,3 Prozent im vergangenen Jahr zeichne sich für das bevorstehende Ausbildungsjahr ab dem Spätsommer ein leichtes Plus ab, berichtete Dittmar. Dennoch gebe es kurz vor den Sommerferien noch viele Handwerksbetriebe mit freien Lehrstellen und auch Jugendliche, die noch auf der Suche seien. Die Ruhestandswelle der BabyboomerGeneration werde angesichts der deutlich kleineren aktuellen Schulabgänger-Jahrgänge auch im Handwerk große Lücken reißen.
„Deshalb dürfen wir bei der Ausbildung nicht nachlassen, sondern müssen sogar noch eine Schippe drauflegen“, appellierte der Kammerpräsident. Er verwies auf die vielfältigen Beratungsangebote und Vermittlungsformate, mit denen die Handwerkskammer ihre Mitgliedsbetriebe bei der Nachwuchswerbung unterstützt. Dazu gehört auch die Schulung von sogenannten Azubi-Botschaftern für die Nachwuchswerbung auf Augenhöhe, die aufgrund der guten Erfahrungen weiter ausgebaut werden soll.
Die Jahresrechnung der Handwerkskammer für 2024, die Hauptgeschäftsführer Jürgen Müller vorlegte, wurde von der Vollversammlung genehmigt. Weitere statistische Eckdaten, die Müller präsentierte, verdeutlichten die Bedeutung des Handwerks als „Rückgrat der regionalen Wirtschaft“. Die Zahl der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk, der Nord-, Ost- und Mittelhessen umfasst, ist im vergangenen Jahr stabil geblieben: Mit 17.680 Mitgliedsbetrieben gab es ein minimales Plus von 0,7 Prozent. Zusammen erwirtschafteten die Betriebe einen Umsatz von 11,9 Milliarden Euro.
Nahezu unverändert blieb die Zahl der Beschäftigten mit 88.800 (minus 0,5 Prozent). Das zeige, dass das Handwerk auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten seine Belegschaften halte, so Müller. Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels sei vor allem weiterer Nachwuchs gefragt. 2001 Gesellenprüfungen wurden im vergangenen Jahr abgelegt (Vorjahr: 2122) sowie 535 Meisterprüfungen (Vorjahr: 462). Die Vollversammlung beschloss unter anderem, dass die Handwerkskammer Kassel sich am „Welcome Center“ Nordhessen beteiligt. Diese regionale Anlaufstelle, die im Herbst ihre Arbeit in Kassel aufnimmt, soll internationalen Arbeits- und Fachkräften das Ankommen, Leben und Arbeiten in der Region erleichtern – etwa durch Begleitung bei Einreiseformalitäten, Arbeitsaufnahme, Anerkennung von Abschlüssen sowie Qualifizierung. „Unsere Wirtschaft braucht gezielte Zuwanderung, auch für das Handwerk“, sagte Präsident Dittmar. Das „Welcome Center“ könne ein wertvolles Instrument zur Fachkräftesicherung, Standortentwicklung und Integration sein.
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