Frank Dittmar

„Es ist höchste Zeit, dass wir in Deutschland endlich von der Stelle kommen“ konstatierte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, anlässlich der 149. Vollversammlung, die gestern im BZ Bildungszentrum in Kassel-Waldau stattfand. „Unsere Handwerksbetriebe in Nord-, Ost- und Mittelhessen stehen vor herausfordernden Zeiten und blicken wenig optimistisch in die Zukunft, denn die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung weitet sich auf das gesamte Handwerk aus. Fatal ist aber nicht nur die Schwäche der Wirtschaft, sondern auch die fehlende Zuversicht, dass sich die Lage in absehbarer Zeit verbessert. Das muss sich dringend ändern, damit sich die Wirtschaft in Deutschland erholen kann.“

Dazu brauche es vor allem klare und verlässliche Entscheidungen, die auch Bestand haben, so Dittmar weiter, den beschleunigten Abbau der Bürokratielast und eine unternehmerische Freiheit, die die Lust an der Selbständigkeit fördert und so den dringend benötigten Fortschritt ermöglicht. „Zurzeit hemmen uns aber zu hohe Bürokratiekosten und eine zu hohe Regulierungsdichte sowie viel zu viele bürokratische Verfahren.“

Das führe nicht zuletzt auch dazu, dass junge Meisterinnen und Meister immer weniger für die Selbständigkeit zu gewinnen sind. „Fakt ist aber, dass in unserem Kammerbezirk in den nächsten zehn Jahren rund 2.800 zulassungspflichtige Handwerksbetriebe altersbedingt vor einem Inhaberwechsel stehen. Damit stehe jeder dritte Betrieb potenziell zur Übergabe an“, erklärte der Kammerpräsident.

Von der Politik wünsche sich das Handwerk deshalb, dass sie sich nicht nur für die Belange der Industrie einsetzt, sondern für die gesamte Wirtschaft Rahmenbedingungen schafft, die es den Unternehmen ermöglichen, den Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Das gelte vor allem für die Baubranche. „Als wesentlicher Konjunkturmotor trägt die Bauwirtschaft entscheidend zur Stabilität unserer Wirtschaft bei. Im Gegensatz dazu stehen aber die seit längerem rückläufigen Baugenehmigungen als deutliches Zeichen für die Schwächung der Baubranche.“

Ziel müsse es sein, Bauen schneller und billiger zu machen. Beispielsweise durch einfachere Genehmigungsverfahren sowie durch den Wegfall teurer Pflichten. Bezahlbarer Wohnraum sei nicht zuletzt auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. „Mehr Wohnraum trägt auch zur Alterssicherung und zur Senkung der Mieten bei“, führte der Kammerpräsident weiter aus. Mit der Kommission „Innovationen im Bau“ sei das Land Hessen aber auf einem guten Weg.

„Weiter brauchen wir eine moderate Reform der Schuldenbremse. Wir können es uns nicht leisten, wichtige Zukunftsvorhaben nicht ausreichend zu finanzieren. Wir brauchen mehr Investitionen in unsere weitgehend kaputt gesparte Infrastruktur, aber auch in die Bildung, die unsere wichtigste Ressource ist.“ Das gelte besonders für den ländlichen Raum, wo die demografische Entwicklung nicht zu einem weiteren Abbau einer hochwertigen beruflichen Bildung führen dürfe, mahnte Dittmar.

Auch vor diesem Hintergrund sei es kein gutes Zeichen, dass die Kammer in diesem Jahr einen Rückgang der neu eingetragenen Ausbildungsverträge verzeichne, der zum Jahresende bei rund 3 Prozent liegen werde. „Auch wenn wir damit im Bereich der jährlichen Schwankungsbreite liegen, ist der Rückgang auch angesichts des Fachkräftebedarfs unserer Betriebe problematisch.“ Deshalb appellierte er an die Betriebe, trotz der Herausforderungen weiterhin auszubilden und dazu auch die Angebote der Kammer zu nutzen. Als Beispiel führte Dittmar die neu ausgebaute Ausbildungs- und Praktikumsbörse an, die es Betrieben sowie Schülerinnen und Schülern deutlich einfacher mache, zueinanderzufinden.

Hauptgeschäftsführer Jürgen Müller gab dem Handwerkerparlament einen Ausblick auf das kommende Jahr und berichtete, dass die Handwerkskammern mit dem Berufsvalidierungs- und Digitalisierungsgesetz eine neue staatliche Aufgabe übernehmen werden. Dabei gehe es darum, berufliche Fähigkeiten, die unabhängig von einem formalen Berufsausbildungsabschluss erworben wurden, festzustellen, zu bescheinigen und im System der beruflichen Bildung anschlussfähig zu machen. „Unternehmen können so die Fähigkeiten von Mitarbeitern ohne Berufsabschluss aber mit langjähriger beruflicher Erfahrung besser beurteilen, da die Kenntnisse im Prozess validiert werden.“

Er informierte die Vollversammlung weiter darüber, dass die Modernisierung der Kantine des BZ Bildungszentrums Anfang des Jahres abgeschlossen sein wird, 2025 aber weiter Investitionen in die Bildungseinrichtungen sowie in die Internatserweiterung des BZs anstehen. Die energetische Sanierung des Kammergebäudes, so Müller weiter, werde aller Voraussicht nach im Sommer kommenden Jahres starten und aus der dafür zweckgebundenen Rücklage der Kammer finanziert wird.

Das Handwerkerparlament beschloss in seiner 149. Sitzung, dass der Kammerbeitrag auch im kommenden Jahr unverändert bleibt.

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